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Neurobiologische Hintergründe

Unser Gehirn besteht aus etwa 86 Milliarden Nervenzellen, welche mindestens 100 (nach einigen Autoren bis zu 1000) Billionen Synapsen ausbilden können. Jede Synapse kann unterschiedliche Funktionszustände einnehmen. So ist das Gehirn in der Lage, prinzipiell bis zu 10 150 unterschiedlicher Verknüpfungsmuster und somit Funktionszustände hervorzubringen (Roth, 2014). Das Gehirn ist für die Überwachung und die Anpassung all unserer körperlichen und mentalen Funktionen zuständig und sichert unser Überleben. Das Gehirn ist neuroplastisch und damit ein Leben lang veränderbar. Je nach Erfahrungsgeschichte und je nachdem wie und wofür wir es benutzen und trainieren, zeigt dies Auswirkungen im Hinblick auf die Potentialitäten, die wir entfalten. Durch die parallele Aktivierung verschiedener Areale erzeugt unser Gehirn ständig weit verstreute neuronale Verbindungen, die durch wiederholte Aktivierung zu Netzwerken stabilisiert bzw. bei Durchleben neuartiger Situationen und somit neuer Erfahrungen adaptiert werden können.

Verschiedene, über das gesamte Gehirn verteilte Strukturen, die an der Entstehung affektiver Prozesse beteiligt sind werden als “Limbisches System” bezeichnet. Der mediale präfrontale Cortex (mPFC), die Amygdala, die Insula und der Hippocampus nehmen in diesem funktionalen System eine zentrale Rolle ein.
Der mediale PFC zeigt sich bedeutsam für die Repräsentation körperlich -autonomer Aktivierungsprozesse und die Verarbeitung körperlich-sensibler Inputs (gemeinsam mit der Insula). Auch stellt die Aktivität dieses Areals eine wesentliche Komponente bewusster emotionaler Zustände dar. Seine Mitbeteiligung an selbstreflexiven und Achtsamkeitsprozessen und nicht zuletzt die Tatsache, dass dieser Gehirnbereich Teil des Empathie-Netzwerkes ist, machen ihn für die Psychotherapie nicht nur interessant. Vielmehr stellen seine direkten Verknüpfungen zu tieferen limbischen Strukturen (Amygdala, PAG, Hypothalamus) und der dadurch möglichen Regulationseffekte, dieses Gehirnareal gar als „Zielort“ therapeutischer Bemühungen und physiologischer Veränderungsprozessen dar (del Monte, 2016).
Für das rasche Erkennen, Bewerten und Abspeichern emotional bedeutsamer Signale von überraschend Positivem, insbesondere jedoch von Bedrohlichem und Negativem, das zur Ausbildung von Furchtreaktionen und Angst führt, zeigt sich vornehmlich die Amygdala verantwortlich („emotionales Gedächtnis“). Die Insula zeigt sich zentral für die Ausbildung und das Erleben des leiblichen “materiellen Ichs” (Craig, 2015). Als wesentlicher Organisator von Faktenwissen und raum-zeitlich eingeordneten autobiographischen Episoden wird die Hippocampus-Formation angesehen.

Emotionen entfalten sich sowohl auf biologisch-körperlicher wie auch auf psychischer Ebene. Durch Brainspotting können schwer zugängliche traumatische Erfahrungen und Reaktionsmuster mittels kontrollierter Aktivierung – mit der psychischen Dimension korrespondierender neurophysiologisch-vegetativer Prozesse – einer Bearbeitung zugeführt werden.

Während einer Brainspotting Sitzung werden die Klienten sanft und ruhig unterstützt und sollen so wenig wie möglich durch Interventionen in ihrer Prozessaktivierung und -veränderung gestört werden. Ziel ist es, günstige Bedingungen und Voraussetzungen für selbstorganisierende Prozesse zu schaffen, so dass neue Erfahrungen möglich und Adaptationsprozesse angestoßen werden können.